Die Psychoanalyse wurde um 1890 von Sigmund Freud begründet. Seine Definition lautete: "PSYCHOANALYSE ist der Name 1. eines Verfahrens zur Untersuchung seelischer Vorgänge, welche sonst kaum zugänglich sind; 2. einer Behandlungsmethode neurotischer Störungen, die sich auf diese Untersuchung gründet; 3. eine Reihe von psychologischen, auf solchem Wege gewonnenen Einsichten, die allmählich zu einer neuen wissenschaftlichen Disziplin zusammenwachsen." (Freud, S. 1923a, XIII: 211)

Der Begriff "Psychoanalyse" steht also sowohl für das auf Freuds Theorien über die Psychodynamik des Unbewussten gegründete Beschreibungs- und Erklärungsmodell der menschlichen Seele als auch für die psychoanalytischen Therapien - eine Gruppe von Verfahren zur Behandlung von Krankheiten und Störungen - sowie für die psychoanalytische Methodik, die sich auch mit der Untersuchung gesellschaftlicher und kultureller Phänomene beschäftigt. In allen drei Aspekten wird die Psychoanalyse bis heute von Kliniker*innen und Forscher*innen weiterentwickelt und verändert; so ist die moderne Psychoanalyse durch einen theoretischen, methodischen und therapeutischen Pluralismus charakterisiert.

Als psychotherapeutisches Behandlungsverfahren für Kinder, Jugendliche, Adoleszente und Erwachsene, einzeln und in der Gruppe versucht sie (im Unterschied zu übenden bzw. trainierenden Verfahren) unter Nutzung der unbewußten, vorbewußten und bewußten Prozesse in der Therapeut*in-Patient*in-Beziehung, den Patient*innen einen Zugang und ein vertieftes Verständnis zu den Zusammenhängen ihres Leidens zu vermitteln. Dazu zählen beispielsweise Krankheiten und Störungen, denen unbewusste seelische Konflikte, psychische Entwicklungs­defizite, traumatische Erfahrungen und frühe pathogene Beziehungs­muster zugrunde liegen, z.B. Ängste, Depressionen und Zwänge in ihren verschiedenen Ausprägungsformen, Störungen der Beziehungs-, Liebes-, Lern- und Arbeitsfähigkeit, Störungen im Selbsterleben und im Realitätsbezug sowie körperliche Beschwerden, die seelisch bedingt oder mitbedingt sind.

Die Psychoanalyse als psychologisches Theoriegebäude hat außerdem Methoden zur Untersuchung des menschlichen Erlebens, Denkens und Verhaltens - sowohl einzelner Menschen als auch von Gruppen und Kulturen - hervorgebracht. Leitidee ist, dass sich hinter der wahrnehmbaren "Oberfläche" von Verhaltensweisen, aber auch hinter Normen und Werten einer kulturellen Gemeinschaft oft unbewusste Bedeutungen verbergen, die sich mit Hilfe psychoanalytischer Konzepte und Methoden verstehbar werden können.

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